Storytime: Seit wann spiele ich in Bands?
Wie Musik prägt und was die Zeit so mit sich brachte. Eine Abhandlung der Geschehnisse.
Warum Musik einfach Alles ist.
Wie kommt man dazu, in einer Metalband zu spielen? Und dann auch noch dabei zu bleiben?
Storytime. Seit wann spiele ich eigentlich in Metalbands, wie kommt man dazu und was macht das mit einem? (Relevanz-Disclaimer: Dieser Post hat wenig Business- und keine Text-Tipps)
Zuerst mal spiele ich seit knapp 20 Jahren in Bands, was mir gerade so vorkommt, als wäre das irgendwie krass, weil es gefühlt MAXIMAL drei Jahre sind. Aber in den 20 Jahren ist eine Menge passiert. Wtf, 20. Wow. Ich versuche mal einen kurzen Abriss, der viel zu lang werden wird …
Von der allerersten Show in der rostigen Blechgarage meiner Eltern über Jugendzentren bis hin zu mittelgroßen Festivals und vielen, vielen kleinen Kulturklubs <3 habe ich eigentlich jede Bühne einmal gesehen, bis auf die ganz großen.
Angefangen hat alles damit, dass mein Freundeskreis immer mehr Rock hörte. Das ist diese Musikrichtung, die Ende der 90er und Anfang der 2000er noch heftig Relevanz hatte. Heute ist, glaube ich eine Rockband in den Charts und die heißt Linkin Park. Genau diese Band war auch eine meiner ersten Rockbands, die ich schweinegut fand.
Aber die Band, die mich wirklich zum Singen, bzw. Schreien in einer eigenen Band gebracht hat, war System Of A Down. Systemkritisch. Hinterfragend. Verrückte Vocals. Serj Tankian ist ein begnadeter Sänger. Und das wollte ich dann auch machen. Auch, weil ich nie der optimistische Typ war und meine negative Ader auch irgendwo lassen musste. Also den klassischen Weg gegangen: Schulfreunde fragen, Drummer finden, Gitarrist finden, im Keller der Eltern des Drummers zwischen eingestaubter Werkbank und alten Einmachgläsern mit einem Camcorder die ersten wütenden (aus heutiger Sicht witzigen) Gehversuche mitschneiden (Files unter Verschluss. Hochgradig karrieregefährdend). Dann der Gig in unserer Garage und von da immer weiter bis zu einer fast ausverkaufen Show als Support einer anderen Band. Wow. Einfach genial. Aber genau da: aufhören.
Bands sind wie Beziehungen. Es ist nicht einfach und wir sind alle studieren gegangen, also war die Nummer rum und ich hab mir was Neues gesucht. Die neue Band war dann anfangs gar nicht mal so ambitioniert, wurde aber ein krass gut eingespieltes Team und endete auf der größten Show, die ich je gespielt habe, auf dem HORST Festival in MG und auf einem Pre-Rock-Am-Ring-Event in nem Zelt für 2000 Leute direkt am Nürburgring. Also wirklich cooler Kram. Man ging für tausende Euro aus eigener Studententasche ins Studio (was heute keiner mehr muss) und nahm EPs auf, hat Cover gestaltet, Bandfotos geshootet, Konzepte aufgestellt und abgearbeitet, Druckvorlagen gebaut und so weiter. Alles DIY. Die CDs haben wir dann professionell pressen lassen und auf Konzerten verkauft, online vermarktet auf mySpace und so weiter. Heck, ich hab sogar meine Diplomarbeit der Band gewidmet. Die Band geht im Studio zur letzten EP in die Brüche. Sau schade, aber ist so. Die Songs habe ich alle noch 1:1 im Kopf und könnte die heute sofort wieder performen, weil ich die unfassbar gelebt habe. Hab die Songs auch noch hochgeladen neulich. Wer Spotify durchsuchen will: Tide Riders.
Die nächste, meine dritte Band, war richtig Metal, auch wieder DIY, und wir haben eine wundervolle LP gemacht. Die höre ich immer noch, wenn es mir sch€!ße geht, weil die Texte sehr nah an mir waren. Das ist wie eine Erinnerungskiste mit schlechten Erinnerungen, die man aufmachen kann, damit man merkt, dass es einem eigentlich verdammt gut geht. Wir hatten 4 megagute Jahre bis dann unser Drummer, zu dem Zeitpunkt schon ein superguter Freund von mir, den ich schon vor der Band kannte, an Krebs erkrankt und auch daran verstorben ist. Das war der Endpunkt der Band. Ich war da schon nach Hamburg gezogen, also ging es hier weiter, aber das war schon … kann man kaum in Worte fassen. Ich habe es mal versucht und ein Song meiner aktuellen Band handelt auch davon, aber selbst der Song ist not even close zu beschreiben, was beim letzten Konzert mit ihm, wo wir alle wussten, dass es das letzte wird, in uns abging.
Das Gute ist, dass Musik dabei hilft solche Einschnitte zu verarbeiten. Gerade, wenn man die Musik selbst schreibt. Es ist erlösend und macht frei. Manchmal engt es auch ein, immer dann, wenn man Musik schreibt, die nicht ehrlich ist. Das ist mein neuer Vorsatz in meinen Lyrics: entwaffnende Ehrlichkeit. 100 % ich. Das konnte ich bisher noch nie und habe es auch noch immer nicht geschafft, aber es wird. Man kommt näher.
Das hier ist, solltest du jetzt noch lesen, ein bisschen therapeutisch. Danke fürs Lesen bis hierhin.
Jedenfalls gab es die Band nicht mehr und ich bin auf der Suche in HH auch nicht fündig geworden, bis ich irgendwann mal auf der Arbeit einen Gitarristen kennenlernte und mit dem ein paar Songs geschrieben habe. Einfach zu zweit. Und irgendwann hab ich im Lunacy auf dem Hamburger Berg ’ne Kippe in meiner Jacke gefunden und brauchte Feuer (ich hatte nie das Bedürfnis zu rauchen und hab keine Ahnung wo die herkam, aber es schien mir in dem verrauchten Laden dann auch egal, ich hatte keine gute Laune und wollte einfach nur in der Ecke stehen und alles bescheiden finden) und habe jemanden gefragt. Der wurde unser Drummer und so entstand die Band, in der ich jetzt noch spiele und schreie. Norded. Und wir haben im Dezember unseren ersten Gig seit 4 Jahren gespielt, weil uns Corona zugesetzt hat, wir einen Drummer:innenwechsel hatten, wir den Proberaum zweimal wechseln mussten und jetzt ENDLICH wieder live gehen können. Die Band hat auch gerade eine neue Single draußen. Kannst du dir alles gern per PN erfragen oder kommentiere “Single”. Haha, Spaß. Schreib mir gern, ich schicks dir dann oder such einfach nach Norded.
Unfassbar, was Musik kann. Vor allem Verbindungen schaffen. Manche sind wie lose Wurzeln im Ufersand und manche verfestigen sich so stark, dass man sie nicht mehr einreißen kann. Das können Verbindungen zwischen Musikern sein, aber auch zwischen Bands als ganzes Konstrukt. Man plant zusammen, man tut und macht und organisiert, damit ein paar zahlende Gäste am Abend ein bisschen die Welt um sich herum vergessen können, denn die ist im Moment wirklich bescheiden genug. Und all diese Hingabe und all dieses Machen führt im Endeffekt dazu, dass man niemals, niemals, niemals damit aufhören wird, Musik abgöttisch zu lieben, zu zelebrieren und zu schreiben, denn Musik ist Antrieb und Sprungfeder für so vieles in unserer Gesellschaft, dass sie einfach zu wichtig ist, um nicht aktiv teilzuhaben. Aktiv machen. Aktiv hören. Aktiv zu Konzerten gehen, wo nicht gerade Taylor spielt, sondern vll. einfach mal irgendjemand von nebenan.
Ihr seht: Musik macht viel mit einem. Vor allem gibt sie einen gewissen Wert, emotionales Verständnis und eine grundlegende Offenheit mit auf den Weg. Zumindest mir. Sie ist Katharsis und Helfer:in in der Not. Sie ist Leben und Tod. Sie ist alles.